NG200403021

aufhorchen, wenn es mit Aussagen des Stefano da Narni an Konflikte zwischen Ugolino und Franziskus erinnert 25 : «Bruder Stephanus sagte, dass Franziskus offenbar einzig Clara eine tiefe Liebe entgegenbrachte... Ihr und ihrem Kloster habe er Sorge getragen. Und niemals hätte er ein anderes Kloster gründen lassen, wenn zu seiner Zeit auch Klöster entstanden sind, die andere gründeten. Als er vernahm, dass die Frauen in jenen Klöstern ‘Schwestern’ genannt wurden, soll er ganz aufgewühlt und erregt gesagt haben: Der Herr hat uns Gattinnen genommen, der Teufel aber besorgt uns Schwestern (Dominus a nobis uxores abstulit, dyabolus autem nobis procurat sorores). Herr Hugolinus, Bischof von Ostia, der Protektor des Minoritenordens war, förderte jene Schwestern aber mit grosser Liebe. Als er diese einmal dem seligen Franziskus mit den Worten empfahl: ‘Bruder, ich empfehle dir jene Herrinnen von Herzen’, habe Franziskus mit heiterem Gesicht geantwortet: ‚Ja, Vater, künftig sollen sie nicht mehr ‘sorores minores’, sondern Herrinnen heissen... Und von da an nannte man sie ‘dominae’ und nicht mehr Schwestern”. Die weitere Politik Ugolinos bestätigt eine doppelte Sorge der Brüder: Eine schnell wachsende Zahl neuer Frauengemeinschaften soll klausuriert und der Seelsorge der Brüder anvertraut werden, und Clara selbst gerät unter den Druck der Kurie. Wehrt sich die Regel der Brüder gegen ersteres, bestärkt die «Ultima voluntas» des Poverello Clara im Widerstand gegen hugolinsche Vereinnahmung 26 : Kardinal Ugolino dei Conti di Segni selbst entdeckt San Damiano 848 NIKLAUS KUSTER 25 AFH 12 (1919), 383; das Zeugnis wird erst in den Sechzigerjahren aufgeschrieben. Sein Wortlaut spiegelt ordenspolitische Spannungen zwischen Minderbrüdern, Kurie und Nonnenorden unter Bonaventura. Dazu A LBERZONI , La nascita , 109; Optatus VAN A SSELDONK , ‘Sorores Minores’. Una nuova impostazione del problema, in CFr 62 (1992) 618-621. 26 Vgl. RnBu 12, vor allem aber ReBu 11: «ne ingrediantur monasteria monacharum praeter illos, quibus a sede apostolica concessa est licentia specialis»; dagegen UVol 3: «Et rogo vos, dominas meas, et consilio do vobis, ut in ista sanctissima vita et paupertate semper vivatis. Et custodite vos multum, ne doctrina vel consilio alicuius ab ipsa in perpetuum ullatenus recedatis». Zur Bedeutung des persönlichen Vermächtnisses: N. K USTER , Gli Scritti di Francesco a Chiara. Autenticità e importanza , in V ERBA D OMINI MEI - Gli Opuscula di Francesco d’Assisi a 25 anni dalla edizione di Kajetan Esser ofm . Atti del Convegno internazionale, Roma 10-12 aprile 2002, Hg. von A. C ACCIOTTI (Roma 2003) 363-381, 375-377.

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