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738 LEONHARD LEHMANN ist unser aller Möglichkeit: Wir überwinden das Dämonische, den Dämon selber, so wir in der Ordnung Gottes stehen. Und die dritte Botschaft, die allein die Tatsache dieser Frau in unser Leben hinein– stellt, ist eine unendliche Erfüllung all der stolzen Träume und Sehnsüchte des Menschen. Jeder Mensch leidet an der Sehnsucht nach Erfüllung seines Lebens. Und in seinen Träumen greift er nach den Sternen. Selbst Völker können unter dieser Sehnsucht leiden. Wer deutsche Geschichte kennt, weiß, wie unser Volk sich sehnte, träumte und litt. An– gefangen von den alten Sagas über die ersten politischen Träume, über unsere Kaiserideen, Königs- und Reichsideen, das alles war mehr als Politik, mehr als nur Schwert, Aufmarsch, Kampf und Sieg und Niederlage; es war immer irgendwie ein religiöses Ahnen. Es liegt uns Deutschen im Blut, dieser Griff nach dem Letzten, dieser Drang in die Hintergründe, dieses Verlangen zu entschleiern, das letzte Geheimnis zu wissen und zu besitzen. Leider aber haben wir uns immer ein Idol geschaffen. Unsere Dichter und Denker haben sie uns für unsere Träume vorgesagt. Wir haben sie für wahre Gestalten gehalten und sind ihnen nachgejagt, haben um sie gekämpft und sind an ihnen zerbrochen; und zusammen– gebrochen rafften wir noch unsere letzten Kräfte zusammen, um die Grenzen unserer Ohnmacht zu sprengen. Das ist heute noch so. Und da steht die Botschaft: Gratia plena. Da steht der gesegnete Mensch, der nicht mit empörerischer Hand die Sterne vom Himmel riss, der nicht wie Prometheus das Feuer vom Himmel holte und nachher daran zugrunde gehen musste, sondern der gesegnet wurde und immer wieder gesegnet ward, weil er demütig vor Gott stand und in Demut vor ihm stehen blieb. Die Überwindung der Grenzen und die Erfüllung seiner letzten Träume, seiner echten Sehnsüchte, stammen aus einem Segen des Herrn. Es ist nicht umsonst, dass diese hehre Gestalt des Christentums eine Frau ist, nicht ein Mann, der herrisch und stolz, eigenmächtig und gewalttätig an die Tore des Himmels pocht und sie aufsprengen möchte. Eine Frau ist's, deren Wesen das Warten ist, das Emp– fangen-können, das Austragen-können, das Sich-verströmen-können ins Leben hinein, das Hüten- und Hören-können. Der schlichte Franziskussohn, ja schlicht, aber ebenso feinsinnig und geistesscharf, hielt uns das Bild der Immaculata vor Augen; einer, der vor 700 Jahren lebte, dessen Gebeine unter uns ruhen, hält uns das Bild von der ewigen Frau vor Augen. Der Mönch mit dem Marienbild stellt uns die Schicksalsfrage unseres Lebens. Können wir mit dem Harten, in das wir hineingeraten sind und immer wieder hineinge– raten, fertigwerden? Wissen wir einen Herrgott über uns, der für einen jeden von uns eine eigene Liebe, eine eigene Würde und einen eigenen Segen hat? Wissen wir, dass kein Leben, auch das verschwiegenste und vergessenste und hilfloseste nicht ohne Sinn ist? Weil über jedem ein Segen des Herrn liegen kann, und, wenn es echt und offen ist, ein Segen des Herrn liegen wird. Als Gesegnete des Herrn werden wir auf unserem Schicksal und jeder Dämonie unseres Lebens den Kopf zertreten. Duns Scotus danken wir für sein mutiges Bekenntnis von der Allmacht der Gnade, die Gott an seiner Mutter bewiesen und uns zum hoffnungsfrohen Vorbild gegeben hat.
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