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MEINOLF MÜCKSHOFF (1908-1991) 735 sondern der seelische Zustand, die Stellung vor Gott. Als ein von vornherein Begnadeter, wie er ein Vernünftiger ist, sollte der Mensch nach ewigem willen Gottes hier sein Leben vollziehen. Das ward ihm geschenkt und dazu war er gehalten und verpflichtet. Und dazu hat der Mensch sich nicht bekannt. Das ist die Schuld der Menschheit, sich nicht zur gnadenhaften Berufung bekannt zu haben. Gott nahm sein Gnaden-Ja von der Mensch– heit zurück. Darum wird jeder Mensch gnadenlos geboren. Nur über diese eine, die er ewig zur Mutter seines ewig zur Menschwerdung bestimmten Sohnes erkoren, hält er sein uranfängliches Gnaden-Ja aufrecht im Hinblick auf die erlösende Kraft des Kreuzes, an dem der Sohn sich opfern wird für die abtrünnige Menschheit. Das aber gehört zur Voll– kommenheit der Opferkraft des Kreuzes, nicht nur von der Schuld zu befreien, sondern auch vor jeder Schuld zu bewahren. So steht Maria mehr als jeder andere im Kraftfeld des Kreuzes. Mehr als jeder andere ist sie erlöst. Tiefer als jeder andere steht sie im Wirkraum des Kreuzesopfers ihres Sohnes, erhabener als jeder andere wurde sie von der Heilkraft des göttlichen Leidens erfasst. Uns wandelte das Kreuz ein göttliches Nein in ein göttliches Ja, ihr erhielt es die uranfangliche Liebe. Die Macht Christi, der Zielpunkr aller Schöpfungs– kreise ist und Anfang aller Wege Gottes, der ewig der Überwinder des Bösen ist, noch bevor es geschah und nur darum geschah, weil es seiner Verherrlichung diente, diese Macht Christi und die Würde seiner ewig erwählten Mutter verlangte die Bewahrung vor jedweder Befleckung durch irgendwelche Schuld. Der schafsinnige Theologe Duns Scotus zog nur die Schlussfolgerung aus dem, was die Schrift ihm über die Stellung Christi im Weltenplan Gottes und die göttliche Kraft seiner Erlösung vorlegte. Auch die lehrende Kirche schwieg nicht. Wo die Gelegenheit sich bot, sprach sie zugunsten der Wahrheit von der Immaculata bis die Zeit reifwar und die ihr die feierliche Verkündigung gebot, in der sie also sprach durch den Mund ihres obersten Lehrers: ,,Zur Ehre der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit, zur Verherrlichung der jungfräulichen Gottesgebärerin, zur Erhöhung des katholischen Glaubens und zum Wachstum der christlichen Religion, erklären, verkünden und bestimmen wir in Vollmacht unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und in unserer eigenen Vollmacht: Die Lehre, dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfangnis durch einzigartiges Gna– dengeschenk und Vorrecht des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi des Erlösers des Menschengeschlechts, von jedem Fehl der Erbschuld bewahrt blieb, ist von Gott offenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und standhaft zu glauben..." Immer ging es dem scharfsinnigen Duns Scotus um den Menschen im Kraftfeld der ewigen Mensch gewordenen Liebe getreu der Tradition seines Ordensvaters, des hl. Franz, so nüchtern, ja glashart seine theologische Sprache auch klingt. In einer geschichtlich bedeutsamen Stunde feiert sein theologisches Denken, wenn auch erst nach Jahrhun– derten, seinen höchsten Triumph durch die höchste Lehrautorität der Kirche selbst.Ja, in einer geschichtlich bedeutsamen Stunde steht der Geist des demütigen Franziskussohnes auf, in einer Stunde, da der Mensch in seine wohl größte Existenzgefahr hineingeriet. Die
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