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MEINOLF MÜCKSHOFF (1908-1991) 719 scher, insofern sie überhaupt die Zulassung eines Einbruchs der Sünde in Gottes herrliche Schöpfung verständlich macht, da in einem absolut prädestinierten Chris– tus das Prinzip einer glorreichen Überwindung und Erlösung von vornherein gege– ben war (361). Für Mückshoff folgt die absolute Konprädestination Marias (2. Teil) logisch aus der absoluten Prädestination Christi: Ist die Menschennatur Christi absolut, d. h. unabhängig von der Sünde und der Erlö– sung zur hypostatischen Union mit dem göttlichen Wort prädestiniert, dann ist Maria „uno eodemque decreto" zur Gottesmutterschaft mitbestimmt (362). Für ihn gibt es schon in der griechischen Überlieferung, namentlich bei Irenäus, Ephrem,Johannes von Damaskus und bei Nikolaus Cabasilas Ansätze für ein solches Denken, das sich mit zunehmender Entwicklung der theologischen Spekulation dahin verdeutlicht, dass die „absolute Konprädestination Mariens zur Gottesmutterschaft von den Byzantinern des 7. und 8. Jahrhunderts ausgespro– chen wird und in der Folgezeit in der Verkündigung einer mariologischen Trans– zendenz weiterlebt, im 11. und 12. Jahrhundert wieder als absolute Vorherbestim– mung Mariens zum mütterlichen Dienst am allumfassenden, Schöpfung und Erlösung einschließenden Inkarnationswerk hervortritt und von den palamiti– schen Theologen des 13. und 14. Jahrhunderts in dieser Form zum Grundprinzip einer marianischen Weltanschauungslehre erhoben wird" (387). Weniger aussage– kräftig in diesem Sinn sind die nüchterner denkenden westlichen Väter. Doch Mückshoff findet auch hier genug Zeugen, namentlich Petrus Damiani, Rupert von Deutz und zuletzt Bernhard von Clairvaux, die zeigen, dass „auch in der west– lichen Mariologie von den Vätern bis zu den ersten Anfangen der Franziskaner– schule der Gedanke einer unbedingten Prädestination Marias zur Gottesmutter– schaft lebendig blieb. Er erlangt hier nicht die Ausgeprägtheit wie im östlichen Denken, wo er sich bis zum Bauprinzip einer marianischen Weltanschauungs– lehre vorantrieb" (411 ). Man fragt sich: Wenn das alles schon in der Tradition vorhanden war, worin liegt dann das Neue der franziskanischen Mariologen? Mückshoffs Antwort: in der Durchdringung! Statt einem modernen Geist zu huldigen und eine traditions– freie Schule zu gründen, hielt die Franziskanerschule, von der glühenden Marien– minne des Troubadours von Assisi geprägt, ,,der Tradition die Treue und ver– suchte, als der Meister der Schule, Johannes Duns Scotus, ihr die entsprechenden theologischen Prinzipien darbot, den überkommenen Gedanken dieser absoluten
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