BCCCAP00000000000000000000896

714 LEONHARD LEHMANN Bericht über die Immaculatalehre aufdem mariologischen Kongress 1954 in Rom Unter den Mariologen der Franziskaner und Konventualen in Rom muss P. Meinolf schon einen Namen gehabt haben, denn er erhielt von dort das Angebot, beim nächsten Kongress im Oktober 1954 etwas zum Thema der „Unbefleckten Empfängnis" vorzutragen. Er greift die Anfrage auf und denkt an ein Referat über den Beitrag der Kapuziner zur Frage der Immaculata. Eben deswegen schreibt er am 7. Juni den besagten Brief an P. Bonaventura Dickers in Rom, um zu erfahren, ob das Thema schon von einem anderen Kapuziner abgehandelt wurde oder wird. Der Mitbruder muss sehr schnell geantwortet haben, denn schon am 21. Juni schreibt P. Meinolferneut an P. Bonaventura im Historischen Institut: Deine Antwort ließ meine Entscheidung leicht werden. Nach einer kurzen Rücksprache mit Raymund weiß ich nun, dass ich in dieser kurzen Zeit - es bleiben mir de facto nur zwei Monate zur Arbeit - auch das eingeschränkte Thema nicht behandeln kann, so interessant übrigens diese Forschung in sich wäre. Die Vorarbeiten sind zu schwach. Ich werde es aber für spätere Zeiten ins Auge fassen. P. Raymund wies mit Recht auf die Arbeit von P. Pius hin, der seit Jahren mit einem unsagbaren Überschuss an Zeit - er kann sich darüber nicht beklagen - an seinen Exerzitienbüchlein „herumdoktert" und von einem zum anderen Semester hofft und immer weiter hofft trotz aller zerschlagenen Hoffnungen. Ich glaube zwar, dass es ihm an der Methodik fehlt, aber das sei als persönliche Meinung ausgesprochen, der jeder Zeit widersprochen werden kann 73 • P. Meinolf macht also einen Rückzieher und nimmt das Referat nicht an, obwohl er damit Neuland hätte betreten können. Ist es Angst? Traut er sich nicht zu, aus dem vielen, was er schon gelesen hatte, eine Synthese zu machen? Warum befragt er zu diesem Thema nicht Laurentius von Brindisi, dessen edierte Werke er schon kennt und gründlich studiert hat? Dass nur zwei Monate zur Ausarbeitung bleiben, wusste er schon vorher. Wiederum schiebt er also die Arbeit auf, und was dann tatsächlich 1957 erschienen ist, stellt keine Fortführung der Immaculata-Debatte bei den Kapuzinern dar, sondern nimmt die ganze franziskanische Tradition in den Blick, was von den Vorarbeiten her leichter war. Nicht zu überhören ist in dem zitierten Briefabschnitt wiederum wie im vorigen Brief ein Seitenhieb auf P. Pius, den er um den „unsagbaren Überschuss an Zeit" beneidet und ihm außerdem noch unterstellt, keine Methode zu haben. 73 BriefP. Meinolfs aus Münster vom 21.Juni 1954: PARWK 630/20.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA3MTIz