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692 LEONHARD LEHMANN den Leidenschaft zur Freiheit aus, die sich bis zur Leidenschaft gegen Gott (F. Nietzsche) steigern kann, ihre wahre Tiefe aber nur findet, wenn sie Gott aner– kennt. Die dritte kennzeichnet den Menschen, der sich selbst verloren hat, darum einsam ist und nur in der Überschreitung seiner selbst auf ein Du hin, das er liebt, sich wieder finden kann. Wer diese drei kurzen Essays liest, kann heute noch be– troffen sein von der klaren Sprache des Autors, von seiner Einsicht in die W eltzu– sammenhänge und von den Anforderungen an die Nachkriegsgeneration. Mün– ster, das durch Bomben halb zerstört war, brauchte neue Hoffnungsbilder, die studentische Jugend suchte Wege aus der Verirrung der Nazi-Zeit. P. Meinolf scheint die Leser überzeugt und seine Hörer angesprochen zu haben, denn er hatte großen Zulauf, was sich auch positiv auf die Zahl der Besucher der Kloster– kirche auswirkte. Schon früh war der Ruf des Predigers von Münster auch an den Rhein gelangt. In Koblenz fand im Januar 1950 eine Kundgebung der Katholiken statt, zu der man P. Meinolf als Redner eingeladen hatte. Er sprach über das Thema: „Der Katholik im Heiligen Jahr". Er zeichnete ein Bild der unseligen Zeit um 1300, als Bonifaz VIII. das erste Hl. Jahr verkündete und verglich das Jahr 1950 mit damals. Die Situation sei heute noch tragischer, da das Christentum vom kämpferischen Atheismus bedroht sei. Drei Aufgaben nannte der Kapuziner für den Katholiken von heute: Erstens sich im Gewissen erschüttern zu lassen. Als Beispiel dafür, was ein erschüttertes Gewissen erreichen kann, führte er den indi– schen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi an. ,,Gandhi stand im Kampf um die Rechte seines Volkes. Er fastete - und die Völker hielten den Atem an. Wo ein Gewissen wirklich erschüttert ist, wirkt es erschütternd. Das erschütterte Gewis– sen ist die einzig mögliche, gültige geschichtliche Tat", zitiert die Lokalzeitung den Redner. Die zweite Aufgabe der Katholiken sei, dazu beizutragen, dass der Riss, der durch die Kirche geht, beseitigt werde. ,,Wir haben kein Recht, getrennt zu sein in einem Augenblick, da die Gottlosigkeit militant geworden ist. Nicht Stalin, sondern Christus wird das letzte WOrt sprechen über das Abendland, wenn es eins ist im Glauben". Die dritte Aufgabe ist der Beitrag zum Frieden. ,,Friede ist Gnade, und Gnade ist Gott. Wir sind soweit vom Frieden entfernt, wie wir von Gott entfernt sind", referiert die Zeitung und urteile am Schluss: ,,Die ernsten, mahnenden Worte des Predigers hinterließen bei den Versammelten stärksten Eindruck" 29 • 29 Rheinische Landeszeitung, 21.Januar 1950: PARWK 630/17.
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