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WIE DIE HEILIGE KLARA MANCHE GLEICHFÖRMIGKEIT HATTE 433 Mariano hat diese Tradition wahrscheinlich aus der Liturgie und/ oder von der weit verbreiteten Legenda Aurea des Jakobus von Voragine übernommen 41 • Der Dominikaner-Gelehrte Jacobus de Voragine (t 1298) hat seine aus zahl– reichen Quellen kompilierten und im schlichten Latein der Vulgata erzählten Legenden in seinem Werk erstmals nach der zeitlichen Abfolge der kirchlichen Feste und Heiligentage angeordnet, an denen Lesungen solcher Texte über Leben und Wunder der Heiligen üblich waren. Die Marienlegenden sind auf die im 13. Jahrhundert begangenen vier Marienfeste purifzcatio (2. Februar), annuntiatio (25. März), assumptio (15. August) und nativitas (8. September) bezogen 42 • In sei– nem Vergleich Klaras mit Maria folgt Mariano aber nicht dem liturgischen Kalender, sondern einem chronologischen Schema. Aus der wunderbaren göttlichen Ankündigung der Geburt Klaras an ihre Mutter Hortulana folgert Mariano, ,,sie sei im Schoß ihrer Mutter geheiligt worden". Er beruft sich dabei auf eine schon verbreitete Meinung: ,,man folgert daraus und sagt" (si cava et dice). Eine solche Deutung ist mir aus dem italie– nischsprachigen Raum nicht bekannt, wohl aber aus dem deutschsprachigen. Ein unbekannter Autor schreibt in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Nürn– berg in seinem mittelhochdeutschen Traktat Der herr aller ding der hat sie lip gehabt über Klara 43 : Dadurch dass die Stimme unseres Herrn Jesus Christus selbst zu dieser Frau sprach, wird uns aufgezeigt, dass das hell strahlende Licht, die heilige Sankt Klara, bereits im Mutterleib durch das Gnadenwirken des Heiligen Geistes von aller Erbschuld ge– heiligt und gereinigt worden ist. 41 jacobi a Voragine Legenda aurea vulgo historia Lombardica dicta, ad optimorum libro– rum fidem recensuit Th. Graesse, Leipzig 2 1850, Cap. 131 (126), S. 585-588; deutsch: Die Le– genda Aurea des Jacobus von Voragine, aus dem Lateinischen übersetzt von R. Benz, Gütersloh 14 2004, 520-528. Die Ausgabe Iacopo da Varazze, Legenda aurea. Edizione critica, a cura di G.P. Maggioni, Tavarnuzze-Firenze 1998 (korr. 1999) stand mir leider nicht zur Verfügung. 42 M. Lemmer,]acobus a Voragine, in Marienlexikon, Bd. 3, 342f. 43 Text in J.B. Klammer, Untersuchung und textkritische Edition des mhd. Klaratraktates ,,Der herr aller ding der hat sie lip gehabt''. Innsbruck 1969 (Diss. masch.), 86; Studie und neu– hochdeutsche Übersetzung: B. Klammer / J. Schneider, Aus dem Klara-Traktat „DerHerr aller ding''. in „ Vena vivida - Lebendige Quelle''. Texte zu Klara von Assisi und ihre Bewegung. l Deutsche und niederländische Zeugnisse zur hl. Klara, hg. von der Werkstatt Franziskanische Forschung, Norderstedt 2008, 91-106, hier 97.

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