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426 JOHANNES SCHNEIDER Die Armut Christi hat ihren Grund in der Armut Marias, die weder Win– deln noch ein kostbares Bett für ihr neugeborenes Kind zur Verfügung hatte, sondern es in armselige Windeln hüllte und in eine Krippe auf Heu bettete, an der an Stelle von Dienern Ochs und Esel standen. Diese erste Armut des Jesuskindes zu betrachten war das Motiv des hl. Franziskus für seine Inszenierung der Krip– penfeier zu Greccio an Weihnachten des Jahres 1223: Volo enim illius pueri memoriam agere, qui in Bethlehem natus est, et infantilium necessitatum eius incommoda, quomodo in praesepio reclinatus et quomodo, adstante bove atque asino, supra foenum positus exstitit, utcumque corporeis oculis pervidere (lCel 84, 8). Obwohl die Evangelien vom Beisein von Ochs und Esel nichts wissen, kennt schon die frühe Kirche in Text und Bild diese Tradition, die auf eine historisie– rende Ausmalung von Jes 1, 3 zurückgeht: cognovit bos possessorem suum et asinus praesepe domini. Nach dem apokryphen Protoevangelium desjakobus legte Maria ihr Kind in eine „Ochsenkrippe" 31 • Die beiden Krippenfiguren aus der Tierwelt waren zur Zeit Marianos längst Allgemeingut geworden, so dass er hierfür keiner besondern Quelle bedurfte. Für die Bettelarmut Jesu beruft sich Mariano auf ein Wort des hl. Bernhard von Clairvaux, wonach der zwölfjährige Jesusknabe in den drei Tagen seines Aufenthalts in Jerusalem von Tür zu Tür betteln gegangen sei. Unmittelbare Quelle für Mariano dürfte der bis in jüngste Zeit dem hl. Bonaventura zugeschrie– ben Regel-Kommentar gewesen sein, der auch deshalb weite Verbreitung und hohes Ansehen genoss. Tatsächlich stammt der Kommentar von Johannes von Pecham (t 1292), der zum 6. Regelkapitel mit ausdrücklicher Berufung auf Bernhard schreibt 32 : Item, Bernardus, tractans illud verbum: Cum factus esset Jesus annorum duodecim, dicit: ,,Ut te, inquit, Domine, per omnia nostrae paupertati conformares et omnes vitae humanae calamitates susciperes, quasi unus in turba pauperum stipem per ostia mendicabas". 31 Evangelia infantiae apocrypha - Apokryphe Kindheitsevangelien, übers. u. eingel. v. G. Schneider, Freiburg 1995, 138(, Nr. 22, 2. 32 Uohannes de Pecham] Expositio super regulam Fratrum minorum, Cap. VI, Nr. 22, in Selecta pro instruendis fratribus Ord. Min. Scripta S. Bonaventurae, Quaracchi 1942, 104(; ebenso: S. Bonaventura, Opera Omnia, (ed. Quaracchi, VIII, 424).

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