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ZWEI KAPUZINER PROVINZARCHIVARE 503 Weite gesucht' hätte. Darin hatte ich mich allerdings getäuscht. Wie ich erst nach dem Kriege erfuhr, hatte sich der Gestapochef über meine Predigten wegen un– zulässiger Außerungen beschwert. Ein treukatholischer Major, mein Freund Ri– chard Gruner, reagierte sehr klug, und ich blieb von einem Strafverfahren ver– schont. In Pardubitz kam es zu einem außerordentlichen Andrang zur Beichte, und die Gottesdienste waren überfiillt 11 . Am Tag nach der deutschen Kapitulation, am 9. Mai 1945 konnte P. Eberhard ein Blutbad verhindern, als sein Lazarettzug bei Kolim zwischen russisches und tschechisches Militär geriet. Er hält zu diesem entscheidenden Tag fest: Am Vormittag wird unser Lazarettzug von russischer Flak beschossen. Der Leiter des Zuges geht den Russen mit weißer Fahne entgegen, als sich tschechi– sches Militär von der anderen Seite her nähert. Entsetzte Schreie: "Das gibt ein Blutbad!" Ich springe aus dem Zug und eile mit hocherhobenen Armen auf einen Offizier zu: ''.Jae sim katholicki knies, kapucin!" Der Offizier versteht sofort und gibt sich als Freund der Kapuziner von Kolim zu erkennen. Er sorgte dann dafür, daß unser Lazarettzug ungeschoren durch Kolim kam. Dies ist ein Beispiel dafür, daß gläubige Menschen Brüder sind und nicht Feinde. Erst nach Jahren erkannte ich durch Berichte von ehemaligen Kameraden, welch eine Gnade es war, nicht in das Schreckenslager von Kolim gekommen zu sein 1 2 • Da unter den rund 1300 Verwundeten in dem Lazarettzug auch Seuchen– kranke waren, wollten die Tschechen die Gefangenen möglichst schnell nach Ostdeutschland abschieben. Die dort zuständigen Amerikaner übernahmen aber den Lazarettzug nicht mehr. So blieben die Gefangenen drei Wochen lang auf der Schiene, ohne ausreichende Verpflegung und sanitäre Betreuung. Der Zug steuerte schließlich Wiesa bei Annaberg an und durfte dort auch ausladen. Das Ende seiner Odyssee beschreibt P. Eberhard so: In Wiesa nahm ich ca. drei Wochen später Kontakt mit dem evangelischen Pfarrer auf und konnte so in der dortigen evangelischen Kirche erstmals seit den Tagen der Reformation einen katholischen Gottesdienst zelebrieren. Nach acht Tagen machte ich mich selbständig und gelangte - mehrmals geschnappt - über Konnersreuth, Regensburg, Passau, Altötting, München, Neckarsulm, Würzburg und Frankfurt am 2. Juli nach Mainz in meinen Konvent 13 • Der mit den Orten vertraute Leser merkt hier, daß sich P. Eberhard von Kloster zu Kloster durchschlug, in seiner Heimat Station machte und es sich 11 Ebd. 4-5. 12 Ebd. 5. 13 Ebd. 5 und Kurzer Lebensabriß, 2.

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