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698 LEONHARD LEHMANN Dieser als Autograph erhaltene Brief des bekannten Übersetzers des AT ist ein schones Zeugnis dafür, dass P. Eugen nicht nur ein Wissenschaftler war, son– dern auch ein guter Menschenkenner. Die künftigen Ereignisse gaben ihm Recht: Es kam in Frankfurt zu Spannungen; P. Meinolfwar wirklich kein Ersatz für den vielseitig begabten P. Titus aus Dortmund 39 , und mit seiner Gesundheit wurde es auch nicht besser. Im Gegenteil, jede Erkaltung führte bei ihm zu Fieber; er muss– te ofter das Bett hüten. Was das Predigen angeht, stellte eran sich und an die Mit– brüder grofse Forderungen. Er wollte die Kanzel in Liebfrauen zur Domkanzel machen und die in der T at zahlreichen Messbesucher umfassend über den Glau– ben und die Sittenlehre der kath. Kirche belehren. Doch diesen hohen Ansprü– chen entsprachen weder die Mitbrüder noch die Horer und Horerinnen von Frankfurt. Es war, als ob sich P. Meinolf etwas vormachte. Vielleicht darf man auf diese Art auch seine Schwindelanfalle erklaren, an denen er zunehmend litt und die ein Zelebrieren am Altar oft unmoglich machten. Auf Anraten des Arztes verbrachte P. Meinolf imJuni 1964 eine Kur nach Ffarrer Kneipp im Kurort Bad Worishofen. Von dort schrieb er dem Provinzial einen langen, aber schwer lesba– ren Brief, in dem er um Verstandnis für seine Situation bat, von den oben erwahn– ten überzogenen Ansprüchen und Schwindelanfallen erzahlte und Vorschlage machte, wie man seine Arbeitskraft erhalten konne4°. Am 2. Juli 1964, gleich nach der Kur, ist P. Meinolf wieder nach Liebfrauen zurückgekehrt. Doch gesund fühlte er sich noch nicht. Er bat den P. Provinzial um einen Genesungsurlaub, der ihm auch gewahrt wurde. In dem gleichen Schrei– ben bat der Provinzial, ihm bis zum 20. August mitzuteilen, wie er sich die Be– setzung des Konvents von Frankfurt vorstelle. Mit der ihm eigenen Griindlichkeit antwortete P. Meinolf in einem diesmal mit der Schreibmaschine geschriebenen langen Briefvom 16. August 1964. Ich zitiere daraus solche Abschnitte, die einer– seits etwas zur Person P. Meinolfs sagen, andererseits aber auch offenbaren, was er von der Seelsorge hiele und wie er sich die Arbeit im Konvent vorstellte. Er war 39 Für die gro/sen Talente und Eigenarten von P. Titus, der am 23. August auf der Fahrt mit dem Auto in den Urlaub verunglückte, vgl. den Nachrufvon E. Molsmeier, in Assisi-Glock– fein 41 (1959) 203-210. - Seinem Buch Dasfranziskanische Ideal in der heutigen Zeit, Frank– furt a. M. 1950, raumt K. Esser in seiner Besprechung in Franz. Studien 32 (1950) 426-427, einen ,,besonderen Platz" ein ,,wegen mannigfacher Vorteile, die sich sonst selten zusammen– finden" (426). 40 BriefP. Meinolfs aus Worishofen vom 24. Juni 1964: PARWK 630/25.

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