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DIE BRIEFE DES SEL. AP0LLINARIS M0REL 401 Bannwaldes war wie geschaffen, das verwundete Herz zu beruhigen und zu heilen 34 • Schon weilte Apollinaris vier Monate in der gottse– ligen Geborgenheit, als seine Gedanken aufs neue aufgeschreckt und nach Bulle gerissen wurden. Den ersten Anlaß bot die Tochter des Landvogtes Uffleger, namens Marianne. Sie hatte sich in einem Schreiben an ihren früheren Beichtvater gewandt und ihn in ihren Seelennöten um Rat und Hilfe angefleht. Doch solle, so bemerkte sie, von diesem Briefwechsel niemand, nicht einmal die Eltern, etwas erfahren, um etwelchen Verdächtigungen vorzubeugen. Diese letzte Anspielung überraschte Apollinaris überaus unan– genehm; denn sie warf wie einen Schatten auf seine Priesterehre und auf die Beziehungen zu seinem Beichtkind. Darum schrieb der gewissenhafte Ordensmann zuvor dem Landvogt und bat ihn um Aufschluß. Noch ein anderer unerfreulicher Umstand bewog Apollinaris, sein bis jetzt treu gehütetes Schweigen zu brechen. Seine plötzliche Abberufung von Bulle hatte nämlich sowohl in Bulle selbst als auch im ganzen Greyerzergebiet großes Aufsehen erregt. Es wurde im Volk verschiedenes gemunkelt, vermutet und geargwöhnt. Schließlich gewann das Gerede die Oberhand, Apollinaris habe in seiner Ängstlich– keit geglaubt, sein Seelenheil sei in seiner Stellung als Hauslehrer gefährdet 35 • Am wenigsten konnte der Landvogt verstehen, daß man ihm den tüchtigen Professor und Erzieher seiner Söhne trotz seinem Bittschreiben entrissen und dazu ihn in die deutsche Schweiz wie in eine Verbannung geschickt. Ziel Jetzt fühlte sich Apollinaris gedrängt, seinem Freunde und dem großen Gönner des Klosters in Bulle, ein Wort zu schreiben, um ihn zu beschwichtigen und die Mißverständnisse, die große Verwir– rung angerichtet hatten, abzuklären und zu zerstreuen. Im Brief wollte somit Apollinaris Antwort geben, warum er von Bulle versetzt wurde. Er geht mehr negativ auf die Frage ein, indem er die Ver– mutungen und Verdächtigungen zurückweist. Jedoch bleibt er uns eine bestimmte Antwort schuldig, indem er nur in allgemeinen Ausdrücken die eigentlichen Gründe antönt, wohl deswegen, weil s1 Einige Monate nach der Ankunft in Altdorf bekennt Apollinaris: « Ich bin getröstet wie ein Engel». Siehe unten, Brief III. Noch in seinem Todesjahr gedenkt er mit dank– barer Genungtuung des Klosters Altdorf und schreibt seinem Freunde Jann in Stans: « Erkennt und betet an die göttliche Vorsehung: Ihre Barmherzigkeit hat mich durch den HI. Geist in das Kloster Altdorf wie in eine Wüste geführt». Siehe unten Brief VI. 35 Die franziskanische Ordensregel sieht tatsächlich Fälle vor, wo Brüder um ihres Seelenheiles willen bei ihren Obern Zuflucht nehmen können, um bestimmte Bitten vorzu– bringen (Regula bull., c.10 : Opuscula S. P. Francisci Assisiensis, Quaracchi 31949, 72).
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