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28 KAJETAN ESZER chen Mahnung, die noch ausführlicher und eindringlicher ist, endet dann, wie in einem ernsten Schlußakkord die große Rede der Herrin Armut (53-55). Die Rede ist also von diesen beiden Mahnungen gleichsam eingerahmt, damit dieses Ziel nicht übersehen wird. Beachtlich ist, daß es auch in der zweiten Mahnung wiederum recht nüchtern heißt: « Quia timeo ne vobis sicut et ceteris contingat » (54). Noch einmal kommt die Armut auf dieses ihr Anliegen zu sprechen vor ihrer Schlußmahnung, die alles zusammenfaßt: « Ut perseveretis in iis quae Sancto Spiritu docente coepistis, non deserentes perfectio– nem vestram, sicut est consuetudinis quibusdam, sed, evasis cunctis laqueis tenebrarum, semper ad perfectiora nitimini » (65). An drei dieser Stellen wird sehr deutlich auf andere Bezug genom– men. Das Beispiel dieser anderen wird den Minderbrüdern warnend vor Augen gestellt. Offensichtlich sieht der Verfasser auch für sie eine gefährliche Möglichkeit auf ihrem Weg und will ihren Blick dafür schärfen, damit sie nicht wie die übrigen: « circumadiacentem non intuentes abyssum » sind (14). Sie stehen noch ganz am Anfang dieses Weges und sollen im Streben nach Vollkommenheit gestärkt werden (65). Die « ceteri » können also nicht bestimmte Gruppen im Minderbrüderorden sein. Dies wird noch deutlicher, wenn die Herrin Armut das « iurare et statuere » des hl. Franziskus, das den Bund mit ihr besiegelt (57) als « altissima professio vestra » deutet, also in einem allen bekannten Terminus technicus des Ordenslebens, und dann von dieser Profeß sagt: « Antiquorum illustrat lumine clariore » (65). Der das Leben in Armut bedrohende Abgrund ist also die Armutspraxis der alten Or– den, die alle in großer Liebe zur Armut begannen, aber später in menschlicher Schwäche doch untreu wurden (vgl. E.A., S.VIII). Nun ist es sicher ein vornehmer Kunstgriff, daß solcher Tadel nicht von Franziskus und seinen Brüdern ausgesprochen wird, sondern ein erstes Mal von den ehrwürdigen Greisen, die Franziskus den Weg zur Armut zeigen (9); sodann von der Herrin Armut, die überlegt, ob sie sich überhaupt noch einmal mit Menschen einlassen soll, dazu aber durch eine Stimme vom Himmel ermutigt wird (14); schließlich ganz ausführlich in dem eigentlich kirchengeschichtlichen Teil der großen Rede der Herrin Armut, der geradezu eine Geschichte der Armut in den bisherigen rnonastischen Orden ist (37-51) 95 • Was hierbei an Einzelheiten geschildert wird, läßt sich nicht »5 Daß hier nicht Mi/\bräuchc im Mindcrbrtidcrorden geschildert werden, wie Ubertin von Casale und nach ihrn noch manche 1neinten, sei an einigen markanten Aussagen klarge– stellt: Die falschen Armen unter den Ordenslcuten sind eine Schande für ihre Vorfahren und jene « qui sanctae conversationis institutores fuerunt »; es handelt sich also um andere Ordensstifter (38); die Armut deckt den Mißbrauch auf, der mit der « discrctio », jener vielgerührnten Grundhaltung der Benediktinerregel, getrieben wurde (39, 43A4); auch

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