BCCCAP00000000000000000000824

24 KAJETAN ESZER sich der Brüder, die Gott erwählt habe, anzunehmen (14). Mit einer kurzen Frage nach dem Begehren der Brüder beginnt dann das Kernstück des Werkes: die Wechselrede zwischen Franzislrns und den Brüdern einerseits und der Herrin Armut andererseits, allerdings nicht über die« Gebote der Armut», wie Thode meint 83 , sondern über die Bedeutung der Armut im Schöpfungs- und Erlösungswerk Gottes, im Leben Christi und im Leben seiner Kirche. Es wird also teils von den Brüdern (16-22), teils von der Herrin Armut (23-51; 53-54), teils von Franziskus (56-57) die heilsgeschichtliche Bedeutung der Armut geschildert; diese Schilderung wird nur an einer Stelle unterbrochen durch die Stimme Gottes, der das Urteil über die Verächter der Armut verkündet (52); ein Kunstgriff, der die Wirkung der Rede außerordentlich steigert. Die Frucht der Wechselrede mit ihrem tiefen biblisch-theologi– schen Inhalt ist dann die Erklärung des hl. Franziskus: « Ecce Do– mina ... ecce nos senri tui sumus » (56-57) und die Zustimmung der Armut, die mit dem Friedenskuß besiegelt wird. Danach steigt sie mit den Brüdern vom Berge herab (58). - Anschließend hält sie mit den Brüdern ein Mahl, das in allen Einzelheiten zum Zeichen wird, wie das Leben in restloser Armut beschaffen sein soll (59-63). Aber auch dabei sind die Brüder nur die Diener ihrer erwählten Herrin 84 • Das Ganze schließt mit einer großartigen Szene: Die Brüder sitzen um die Herrin Armut, empfangen ihren feierlichen Segen und die Verheißung des ewigen Lebens (64-65), dazu noch eine letzte Mahnung zur Standhaftigkeit, die durch einen Ausblick auf die Kirche im Himmel verstärkt wird (66-69). Man wird diese kunstvolle Darstellung wohl schlecht einen trac– tatus nennen können; dafür ist das Ganze doch zu dramatisch angelegt. Auch wird die Bezeichnung Allegorie dem Werke als Ganzes nicht gerecht. Sicher sind in ihm die Armut und mit ihr noch andere Tugenden und Laster (vgl. Anm. 68!) als Personen dargestellt, die handeln und reden; wozu auch noch die beiden Greise kommen, die vielleicht das Alte und das Neue Testamen.t «bedeuten» (8). In der bildenden Kunst würde man dies durchaus als Allegorie bezeichnen. Aber im S.C. tragen alle anderen Personen, die redend und handelnd auftreten: die Bürger der Stadt, die Gelehrten, die alten Mönche, vor allem Franziskus und seine Brüder durchaus historisch wahre Züge, die keinen Widerspruch zu dem aufweisen, was aus anderen Geschichtsquellen bekannt ist. Sie alle, die doch auch « tragende » ss Vgl. oben Anm. 74. 84 Darum ist wohl schwerlich zu glauben, wenn die Quaracchi-Ausgabe schreibt: " ... et cum sponsa dilecta nuptiale celebrat convivium ,, (S.27). Eine solche Deutung erfährt durch den Text keine Rechtfertigung

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA3MTIz