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UNTERSUCHUNGEN ZUM « SACRUM COMMERCIUM B. FRANCISCI » 21 Franziskus und seinen Brüdern dargestellt wird. Hier mag zunächst auffallen, daß sie Franziskus nie für sich allein anspricht, sondern immer für die ganze Brüderschar. Auch diese Feststellung spricht ge– gen die Vorstellung einer « mystischen Hochzeit! » Die Herrin Armut spricht von den Minderbrüdern immer als ihren Söhnen (58, 64, 65) oder Brüdern (23, 58, 69); einmal nennt sie sie auch: « fratres et amici carissimi » (23), « amici mei » (53) oder einfach « carissimi » (69). Am distanziertesten lautet es in n.60, wo die Armut Gott dankt: « qui talibus eam associavit hominibus ». Auch in aller Gebärde zeigt sich diese Distanz. Erst auf dem Höhepunkt des Ganzen, als Franziskus für alle die Treue versprochen, heißt es: « Commota sunt ad haec viscera dominae Paupertatis ... et amplexata est eos ac pacis osculum unicuique praebens dixit... » (58). Dieser Friedenskuß ist aber nicht mehr als eine huldvolle Besiegelung des eingegangenen Bündnisses, das, wie am Anfang (16) und am Schluß (57, 59) betont wird, nichts anderes bewirkt, als daß die Herrin Armut Franziskus und seine Brüder als Diener (servi) annimmt. Von mehr ist auch in dieser Szene nicht die Rede 69 • Das hindert allerdings nicht, daß Franziskus und die Brüder, genau so wie die Dichter der Hohen Minne, vor Liebe zu ihrer Herrin brennen, ja, sich verzehren. Im S.C. bedient sich der Verfasser dabei des alttestamentlichen Hohen Liedes, um diese Liebe zu schildern (9). Man sollte dabei auch nicht übersehen, daß solche Äußerungen nie der Herrin Armut selbst gegenüber gemacht werden. Abschließend läßt sich sagen, daß das S.C. aus inneren Gründen sehr früh verfaßt sein muß, sicherlich vor 2 Celano .. Die kulturge– schichtliche Einordnung stützt in hohem Maße den von den Hand– schriften gebotenen Termin: 1227. Gerade in diesem Abschnitt unse– rer Untersuchung erweist sich der Verfasser des S.C. als ein Mann von tiefer theologischer Bildung und von feiner Kultur. Ubertin von Casale nannte ihn mit vollem Recht einen « doctor sanctus » (S.22) 70 • rn, Dieses servi dürfte wohl der lateinische Ausdruck für « Dienstmann >> sein; vgl. FISCHER, Liedsang, S.XVI; « So wurde die Edelfrau Herrin des Ritterherzens, der Held wurde Dienstmann ». 70 Unsere Untersuchung zu dieser Frage dürfte ergeben haben, daß das Thema von der mystischen Hochzeit im Laufe der Zeit in den biographischen Quellen wächst, wie Oktavian von Rieden richtig feststellt (De quibusdam commentariis, 453), aber nicht bis zum S.C. hin, sondern unabhängig von diesem Werk, das seiner ganzen Konzeption nach den authentischen Aussagen des hl. Franziskus nähersteht als die späteren Quellen, angefangen von 2 Celano. - Wie sich der Verfasser des S.C. in dieser wichtigen Frage dem Denken des hl. Franziskus näherstehend erweist als andere franziskanische Quellen dieses 13. Jahrhun– derts, so auch in einem anderen sehr wichtigen Punkt, den wir das « Weg-Motiv» im Denken des hl. Franziskus nannten (vgl. EszER, Franziskus und die Seinen, 191). Gerade davon ist das S.C. bis in kleinste Einzelheiten voll. Es gibt wohl kaum eine frühfranziskanische·

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