BCCCAP00000000000000000000824

UNTERSUCHUNGEN ZUM « SACRUM COMMERCIOM B. FRANCISCI » 17 des hl. Bonaventura 58 , sowie durch seine für den Chorgebrauch be– stimmte Legenda minor (IV, 5) in weite Kreise des Ordens getragen wurde. Wie sehr dieses Motiv in Kunst und Literatur der folgenden Zeit eine liebevolle Pflege fand, ist bekannt. Es hier auch nur andeu– tungsweise zu skizzieren, würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen 59 • Tatsache ist es, daß dieses Motiv schon vom Ende des 13. Jahrhunderts das beherrschende wurde und auch die späteren Deu– tungen des S.C. von vornherein festlegte. Wichtiger ist es, die in den franziskanischen Quellen, wenn auch nur in Ansätzen sichtbar werdende Entwicklung in den kulturge– schichtlichen Rahmen der damaligen Zeit hineinzustellen 60 • Die Trou– badours in der Provence hatten am Ende des 12. Jahrhunderts jene Form ritterlichen Minnedienstes gefunden und in ihren Liedern form– und sachgerecht ausgeprägt, die man heute die « Hohe Minne » nennt. Ihnen war es « heiliger Ernst mit der Hohen Minne als Erziehungs– macht im Leben wie im Dichten» (Fischer). In der Hohen Minne weiht sich der Ritter der Frau eines Herrn, der adeliger ist als er (no– bilior ), also gesellschaftlich über ihm steht. In: der geliebten Frau, die mehr ein Symbol ist, verkörpert sich die himmlische Macht der Liebe. Ihr reiner Glanz soll auch das Streben des Mannes reinigen. Dieser hohe Standpunkt ließ sich jedoch nicht lange halten. Schon Walter von der Vogelweide (t nach 1223) vollzieht die Wende im deutschen Sprachraum: « Schönheit faßte er vielmehr nun als den Ausdruck der vollen seelischen Entfaltung. Echtes Mannes- und Weibtum findet sein Glück im liebenden Herzen, nur den persönlichen Wert des anderen kennend und schätzend. Damit ist die Hohe Minne überwunden» (Fischer). Aus der « domina » der Hohen Minne wird die « sponsa » der sog_ Niederen Minne. Dieser Vorgang vollzieht sich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Für die hier in Frage stehenden Quellen läßt er sich durch einen Vergleich zwischen S.C., 19 und 2 Celano 55 fast handgreiflich illustrieren (vgl. Anm. 66!). 58 « ... In privilegio paupertatis, quam modo matrem, modo sponsam, modo dominam nominare solebat » (VIII, 6). - Auffallend bleibt, daß in Anal.Franc. X, 589 für die beiden ersten Aussagen (mater et sponsa) kein Wort des hl. Franziskus als Beleg angeführt werden kann, sondern nur zum dritten, zu « donlina ». - Hier sei auch schon darauf hingewiesen, daß in den Specula perfectionis dieser Brautgedanke keine Erwähnung mehr findet. In der Auseinandersetuung ihrer Entstehungszeit ging es vordringlich um die äußere Armut, den usus pauper, mit all seinen oft schon kasuistisch angelegten Einzelheiten. oo Verwiesen sein auf: TH0DE, Franz von Assisi, 42lff und 504ff, wo für beides bezeichnen– de Beispiele beigebracht sind; und: B. K1EINSCHMIDT, O.F.M., Sankt Franziskus von Assisi in Kunst und Legende, M. Gladbach 51926, 16ff. oo Zum folgenden Abschnitt vgl. Sachwörterbuch der Deutschlwnde, Leipzig 1930, I, 365f; II, 798ff; FELDER, Der Christusritter, 5lff; H. DE BooR Die höfische Literatur. Vorbe– reitung, Blüte, Ausklang, München 1954, 9ff; W. FISCHER,' Liedsang aus deutscher Frühe (Kröners Taschenausgabe, 158), Stuttgart 1955, S.XVIIIff.

RkJQdWJsaXNoZXIy NDA3MTIz