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EINE SCHWEIZERISCHE QUELLE ZUR KAPUZINERGESCHICHTE 5 sieht auch die Aufstellung des Kirchhoreprinzips in verkürzter chro– nologischer Perspektive im Zusammenhang mit dem Zweiten Kap– peler Landfrieden, den er unrichtig etwa in die Fünfzigerjahre da– tiert, wahrend der Nuntius kürzer, aber richtig schreibt: « in den Ietzten Unruhen ». Verschieden ist vor allem die Einreihung des Passus über die Pfarrkirche Appenzell, der bei Mattia den Lauf der Handlung unvermutet unterbricht, wahrend er in der Relatione viel organischer in die hier nicht abgedruckte Beschreibung der Primiz eines Kapuziners eingebaut ist. Aber beide bringen hier die charakte– ristische Einzelheit der Orgel. Abhiingigkeit über eine Kopie der Relation? Diese kleinen Unterschiede konnen den Gesamteindruck nicht ausloschen: Der chronikalische Bericht Mattias da Salo, der ·ja sicher spater ist als die zeitgenossische Relatione, muB an dieser Stelle das Schreiben des Nuntius oder einen fast gleich lautenden Bericht als schriftliche Quelle verwertet haben. Die sachliche übereinstimmung IaBt sich wohl kaum erklaren, wenn man bloB annimmt, Mattia habe anlaBlich seiner Visitation 1591 einen Zeugen der Ereignisse über die Geschichte der Gründung des Kapuzinerklosters Appenzell ausge– fragt. überdies spricht der Ortsname « Bodez » oder « Bodezo », den Mattia zweimal anführt11, mit Sicherheit für eine schriftliche Vorla– ge. Der Name, der in dieser Form an keinen bekannten Ortsnamen im Appenzellerland anklingt 12 , kann nur durch eine Verbalhornung entstanden sein. Wir haben 1955 versucht, die Bildung « Bodezo » aus einem Verschrieb aus « Brolezo » zu erklaren, was dem innerrho– dischen Brülisau entsprechen würde. Eine Kritik nannte dies « eine Iautgeschichtliche Erklarung, die anden Haaren herbeigezogen ist » 13 • Es handelt sich aber nicht in erster Linie um eine lautgeschichtliche, sondern um eine palaographische Erklarung. Eine Gleichsetzung von « Brolezo » und « Brüllisow » erscheint dem besten Kenner des appenzellischen Namenmaterials, Prof. Stefan Sonderegger, durchaus plausibel1 4 • Eine Verschreibung setzt aber eine schriftliche Vorlage voraus. 11 MHOMC VI, 460 und 463. 1 2 Im grundlegenden Werk von Stefan S0NDEREGGER, Die Orts- und Flurnamen des Landes Appenzell I, Frauenfeld 1958, finden sich keine entsprechenden Ortsnamen. Die Flurnamen « Boden » und « Bodmen » kommen wegen der geographischen Lage oder des beschrankten Geltungsbereiches nicht in Frage. 13 TlIEOPI!IL GRAF [V0N Sr. GALLEN], O.F.M.Cap., in Zschr.Schweiz.K.G. 50(1956) 230. 14 Briefliche Mittei!ung vom 8.8.1962.

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