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UNTERSUCHUNGEN ZUM « SACRUM COMMERCIUM B. FRANCISCI » 27 mehr als selbstverstandlich sein. Ebensowenig hatte der Autor, wie die Quaracchi-Ausgabe zu deuten versucht (S.26), das Zie1, zu zeigen, « daE Franziskus so sehr van Liebe zur Armut brannte, daE er sich ihr mystisch vermahlte ». Diese Deutung dürfte sie wohl unbesehen van Bartholomaus van Pisa übernommen haben (S.23). Allerdings lehnen die Herausgeber mit Recht die van Ubertin van Casale suggerierte Auffassung ab, als sei das S.C. mit dem Ziel geschrieben, bestehende MiEstande im Orden der Minderbrüder an– zuprangern und zu heilen (S.22 und 29); eine Hypothese, die wohl besonders auf P. Sabatier inspirierend gewirkt hat und die dann E. v. Némethy veranlaEte, varo « vielgerühmten, geführlichen » S.C. zu reden 92 • Alle diese Deutungen der Absicht des Verfasser scheinen zu wenig vom Text selbst auszugehen, sondern seine Zielstellungen von irgendwie vorgefafüen Meinungen her mehr oder weniger will-– kürlich zu interpretieren. Erstes Ziel des Verfassers ist, wie aus den bisherigen Darlegun– gen deutlich wurde, seinem Leser oder Beschauer das « Mysterium paupertatis » nicht nur begrifflich-lehrhaft, sondern konkret-anschau– lich darzustellen 93 und damit die Bedeutung der Armut für das christ– liche Leben aufleuchten zu lassen. Dies geschieht aber im besonderen zu dem Ziel, daE die Minderbrüder ihrem Leben in Armut, zu dem. Gott selbst sie erwahlt (14), treu bleiben. An allen entscheidenden Punkten der Handlung wird dies recht deutlich formuliert; so sagt die Herrín Armut, die, wie sie spater ausführlich berichtet, schon mit manchen Ordensleuten bittere EnWiuschungen erlebt hat, als sie der zu ihr kommenden Gruppe ansichtig wird : « Loquar ergo ad eos quae in corde meo versantur, ne sicut ceteri tantae ascensionis poeniteant, circumadiacentem non intuentes abys-– sum » (14). Zum zweiten Mal wird dieses Ziel klar umrissen, ehe die Herrín Armut beginnt, in ihrer groEen Rede « mei status retexere vobis hi• storiam, ut discatis quemadmodum vos oportet ambulare et placere Deo, caventes retro aspiciendi notam, qui manum ad aratrum mittere vultis » (24) 94 • Was sie dann im Folgenden über die « Geschichte ihres Standes » so ausführlich berichtet, soll die Brüder standhaft machen, auf dem nunmehr eingeschlagenen Wege auszuharren. In einer ahnli- !l2 Die mystische Hochzeit, 6. 03 Was wir s.Zt. in unserer Studie Mysterium paupertatis zusammenfassend dargestellt haben (S.189), erführt durch das S.C., das damals nicht benutzt werden durfte (vgl. oben Anm. 4) seine valle Bestatigung. 94 Mit feinem Gespür lal\t hier der Verfasser des S.C. die Armut das Herrenwort aus. Lk 9, 62: « Nemo mitteps manum ad aratrum et aspiciens -retro, aptus est regno Dei» aufnehmen, das Franziskus dem zweiten Kapitel seiner Regel aus der gleichen lntention heraus eingefügt hatte; vgl. Analekten, 30; Opuscula, 65.
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