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462 WILLIBRORD LAMPEN Leschnitz wiederholt zur Nachtzeit eine Prozession von Franziskanern gesehen hatten, die sich vom Kreuze am Fu.B des Berges zur Wall– fahrtskirche begaben. Vielleicht handelt es sich hier um ein so– genanntes « Zweites Gesicht » oder Hellsehen, das noch nicht genü– gend erklart werden kann 55 • Für die polnische Bevéilkerung kamen nur polnische Patres in Frage. Darum wandte der Graf sich an den Provinzial der Minder– brüder in Krakau. Dieser sah in dem zu bauenden Klosterchen keine Gelegenheit zur Seelsorge und lehnte deshalb ab. Bald nach dem Frieden von Münster (1648) drangen aber die Schweden in das pol– nische Land ein und eroberten Krakau, wo das Franziskanerkloster dem Feuer zum Opfer fiel. Nun war der Provinzial von Krakau gerne bereit, das grafliche Angebot anzunehmen. Am l. November 1655 zogen 22 Franziskaner, wovon 13 Studen– ten, nach St. Annaberg, aber der Pfarrer von Leschnitz weigerte sich, ihnen eine Filialkirche zu übertragen, sodaE sie sich in einer Wohnung am FuEe des Berges neben der Kirche Matka Boza (Mutter Gottes) niederlieEen. Erst nachdem der Generalvikar die finanziellen Angele– genheiten geregelt hatte, konnten die Patres die Wallfahrtskirche übernehmen. Sie bauten neben der Kirche ein héilzernes Kloster, das erst 1733 durch ein steinernes unterfangen wurde. Die Familie Gaschin gründete in der Na.he auch Kapellen, die das Leiden des Hei– landes in Erinnerung brachten. Man nannte die Gegend Kalvarie oder « das neue Jerusalem », wohin bald Tausende von Pilgern aus Deutsch– land, Polen, Mahren und Bohmen stromten. Die Sakularisation vertrieb die Brüder 1810 aus dem Kloster. Die Regierung war aber froh, als der Fürstbischof von Breslau das Kloster und die Seelsorge übernehmen wollte. Das geschah am 31. Marz 1832. Stefan Brzozowski, O.F.M.Ref., war einer von den vom Fürstbischof 1844 eingesetzten Seelsorgern. Kardinal Melchior von Diepenbrock (t 1853), der für die Alkantariner eine besondere Vor– liebe hatte, lieE am 7. Februar 1852 zwéilf aus ihnen nach St. Annaberg kommen, aber sie blieben nur kurze Zeit, einmal weil sie der polni– schen Sprache nicht machtig waren, dann auch weil sie solch gro.Be Gebaude nicht bewohnen wollten 56 • Endlich gelang es dem Fürstbischof Forster, im Jahre 1859 aus der westfülischen Ordens– provinz zwei Patres zu bekommen, die polnisch predigen und Beich– ten horen konnten. Auf Grund des Staatsgesetzes vom 3. Mai 1875 muEtem jedoch die Brüder das Kloster verlassen. Sie kehrten aber 1887 wieder nach St. Annaberg zurück. 55 Vgl. Camillus BoLCZYK, O.F.M., St. Annaberg, Breslau 1937, 60. 56 Alfons NoWACK, Schlesische Wallfahrtsorte iilterer und neuerer Zeit im Erzbistum Breslau, Breslau 1937, 18.

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