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übten einen viel stärkeren Einfluß aus. Die Formulierung huma– nitärer Thesen durch Georges Sand oder Eugene Sues war erfolg– reicher als alle wissenschaftlichen Abhandlungen 7 • P. Jobit hat mit Recht bemerkt, daß Krause nicht weniger als Comte als Bahnbrecher der Soziologie zu gelten hat. Das ist zum mindesten für die iberische Halbinsel richtig, und „wenngleich die spanische Soziologie im Ansat, weniger originell ist als die fran– zösische oder englische, übte sie doch einen starken Einfluß auf die soziale Bewegung aus" 8 • Der Krausist Urbano Gonzalez Serrano wandte in seiner Studie „Pr,eocupaciones Sociales" als erster die psychologische Methode an und verglich unter dem Einfluß Comtes und Spencers den sozialen Organismus mit dem menschlichen; ähnlich lehrte Gumersindo Azcarate den Parallelismus der Har– monie des Individuums und der Harmonie der Gemeinschaft. Dieser Autor leitete auch die Anwendung des Krausismus auf die allgemeine und Sozialpolitik ein. Seine „Estudios Econ6micos y Sociales" beginnen mit der Kritik am soziakn Programm der Kirche, der Jurisprudenz und der Nationalökonomie, denen restau– rative Tendenz•en und eine völlige Verkennung der neuen Situation seit der Bildung des Vierten Standes vorgeworfen werden. Die Lösung der sozialen Frage müsse zeitnah, umfassend und „har– monisch" sein; sie liege genau in der Mitte zwischen Individualis– mus und Sozialismus, Liberalismus und Staatssozialismus 9 • Die Schrift „Minuta de un Testamento" geht auf konkrete Fälle ein. Sie beginnt mit der Theorie der „harmonischen Familie", die Tyrannei und übertriebene Großzügigkeit des Familienoberhauptes ausschli,eßt. In gleicher Weis,e sei auch die soziale Frage auf dem W,ege des „Harmonismus" zu lösen. Das Wichtigste sei Toleranz; die Harmoni,e des Gesellschaftslebens dürfe nicht von Partei- oder Konfessionsstreitigkeiten getrübt werden, und es müsse zu einer Vereinigung aller Verbände und Institutionen kommen. Zweitens sei eine Vereinigung der sozialen Schichten erforderlich: der Aus- 7 ibd. 8 P. Jobit: ,,Les educateurs de l'Espagne contemporaine: les Krausistes", Paris 1936, S. 120ff., 1.30 und 182. Bezüglich des Einflusses Hegels und Kants auf die europäische Soziologie behauptet F. A. Hayek, daß sich beide trol3 ihres offen– baren Gegensal3es ergänzen. Der „Cours de la Philosophie positive" wurde gleichzeitig mit den „Grundlinien der Philosophie des Rechtes" verfaßt. Vgl. „El comun influjo de Comte y Hegel sobre el Pensamiento Social" in Arbor XIX (1951) S. 425-448. Zu Comtes und Hegels soziologischen Analogien vgl. F. Dittmann: ,,Die Geschichtsphilosophie Comtes und Hegels" in „Vierteljahres– schrift für wissenschaftliche Philosophie und Soziologie", Bd. XXXVIII und XXXIX, 1944-1945. 9 Jobit a. a. 0. S. 154 ff. 91
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