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der Gnade, und „jeder Irrtum stammt aus einer Gleichgewichts– störung, entsteht aus zwei grundlegenden Verneinungen, deren eine Gott, die andere den Menschen betrifft" 38 • Der Liberalismus als inkonsequentes System Die liberale Schule hat sich unterfangen, ohne Volk und ohne Gott zu regieren ... Ihre Tage sind gezählt ..., schon taucht Gott am Horizont auf [in Gestalt der katholischen Gruppen], und am an– deren Horizont das Volk [die sozialistischen Verbände)" 39 • Die theologische Antithese des Liberalismus wird von der Synthese des Sozialismus aufgehoben. Der Liberalismus vertritt keinen dogmatischen Atheismus, aber er kommt ihm von Schlußfolgerung zu Schlußfolgerung ganz nahe. Er glaubt an einen abstrakten und indolenten Gott, der sich der Philosophen zur R,egierung der Menschheit und bestimmter Ge– set3e, die er am Anfang der Zeiten erschaffen hat, zur Regierung des Weltalls bedient 40 • Aus diesem Mangel an theologischer Präzision entsteht denn auch eine Reihe von Widersprüchen politischer Art. Der Liberalismus ,,ist die unfruchtbarste unter allen Schulen, weil er die undurch– dachteste und egoistischste ist . . . Er weiß nichts von Gut und Böse und fast nichts von Gott, und den Menschen kennt er über– haupt nicht" 41 • Erstens ist der Libemlismus deistisch, denn er gibt die Existenz des Schöpfers zu, aber leugnet seine Fürsorge für die Geschöpfe, glaubt an seine konstituierende Souveränität, aber nicht an seine aktuel1e. So kommt es zu einem theologischen Riß zwi– schen Weltherrschaft und Weltregierung, der sogleich mit der Herrschaft des Monarchen bei Regierung der parlamentarischen Mehrheit auf den politischen Bereich übertr.agen wird 42 • Zweitens ist der Liberalismus optimistisch, denn er verkennt die Wahrheit, daß der Mensch in Sünde empfangen ist, und damit die Schwäche der Vernunft, die Krankheit des WiHens und den Versuchungscharakter der Konkupiszenz. Das bedeutet politisch die Annahme einer Souveränität der Vernunft als Grundlage des öffentlichen Rechts und die Bildung parl,amentarischer Monar– chien mit Wählerliste, Gewaltenteilung, freier Presse und Rede– freiheit 43 ; zweitens die Überzeugung, es bedürfe keiner Lenkung 38 ibd. II, S. 615. 89 ibd. II, S. 448 f. 40 ibd. II, S. 444. 41 ibd. II, S. 446. 42 ibd. II, S. 444 f. 43 ibd. II, S. 616 und 623. 63
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