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Drittes Kapitel: Die traditionalistischen „Soziologen": Aparisi und Balmes Für Balmes wie für Apari:si gab es bei der Beurteilung politi-scher Systeme ein unfehlbares Kriterium: ihre Obereinstimmung mit den soziologischen Vorausset3ungen, mit Geschichte, Seele und Kultur eines Volkes. Balmes' Grundeinstellung gleicht der eines Arztes: „Meine Logik war einfach, aber •schlagend - und warum? Weil ich mich immer an die Geschichte hielt, die Gegenwart analysierte und die Zukunft voraussagte. Die Geschichte konnte mir niemand bestreiten, die Gegenwairt war da, in Dingen der Zukunft sagte ich: ,Wartet nur ein bißchen!' - und fand am Ende meine Vor– aussagen bestätigt. Da,s ist meine Logik, das ist das Geheimnis meiner Kraft - oder besser gesagt: ,das ist die Kraft der Wahr– heit!" 1 • Erfahrung und Geschichte galten Balmes al 1 s der Stein der Weisen in der Politik. Zum Beispiel „gibt es in der Theorie nichts Un– gereimteres als die Erbmonarchie, aber in der Praxis nichts Klü– geres. Gegen Tatsachen kämpft man vergebens - sie sind einfach da. Die gesamte Geschichte und auch die alltägliche Erfahrung bestätigen diese Wahrheit; die Vernunft kann sie nicht hinlänglich erklären, aber der gesunde Menschenverstand begreift sie ganz und gar" 2 • Nicht umsonst hat man Balmes den Philosophen des gesunden Menschenverstandes genannt, und wenn auch dies,e Hal– tung in der Philosophie bisweilen nicht am Plat3e ist - in der Politik i 1 st sie es immer. Aparisi dachte ähnlich; wenn man ihn nach seiner politischen Richtung fragte, entgegnete er: ,,Ich gehöre zu keiner, ich nenne mich einen Spanier und habe keinen anderen Namen ... Ich bin kein Demokrat, kein Fortschrittler, keiner von der liberalen Union. Nein, meine Herren, kein Parteibanner kann uns alle vereinen. Das Banner Spaniens muß sich erheben, sich in den Lüften entfalten und alle Spanier um sich scharen ... Ich bin Spanier, und jet,t sage ich es euch: ich bin nicht allein ... Die Nation, das Land gehört zu keiner Fraktion,· zu keiner Partei, ist sich immer gleich geblieben, hat einen Schat3 von Enttäuschungen gesammelt, allzeit seine edlen, großherzigen Anlagen bewahrt und auf dem Grunde seiner Seele die Liebe zu den ehrwü 1 rdigen Über– lieferungen der alten Zeit wie ein heiliges Feuer gehütet" 3 • Bei 1 J. Balmes: .Obras Completas", Pr6logo des Exmo. y Revmo. Sr. Dr. D. Juan Perello, Ohispo de Vieh, Perello, Obispo de Vieh, BAC Bd. VII, S. 594. 2 0. C. Bd. VI, S. 259. 3 Aparisi: 0. C. Bd. II, Madrid; S. 330-331. 37
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