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eine rücksichtslose Herrschaft über die ärmeren Schichten aus. Die Zünfte verfielen. Pfandhäuser und staatliche Krankenanstalten verdrängten die barmherzigen Bruderpchaften, ohne selber aus– reichende Sozialfürsorge zu leisten. Ohne Zweifel herrschten untragba,re Zustände auf fast allen Ge– bieten, und Liberalen wie Traditionalisten ging es darum, sie zu beseitigen. Methode, Weitblick und guter Wille waren hier wie da nicht sehr verschieden. Verschieden war das Ideal von Spanien, das man verwirklichen wollte. Anfangs dachten beide Strömungen mehr an politische Ideale al,s an Statuten, und erst im Jahre 1820 kam es zur Bildung einer liberalen Partei. Seit der Mitte des Jahr– hunderts übernahm der spanische Liberalismus [unter dem Einfluß der französischen Revolution von 1848] .sozialistisches Gedanken– gut; auch kam. es im Zusammenhang mit der Philosophie Krauses zu einer starken ideologischen Verfestigung. Nach dem unheil– vollen Zwischenspiel der Republik unternahm Canovas den lel}'en Versuch einer liberalen Erneuerung; aber ein Mann, der Liberale und Traditionalisten versöhnen wollte, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die Vertreter des Fortschritts in Spanien standen völlig unter dem Einfluß französisch•er Ideen. Nach dem Einfall Napoleons griff das Volk zur Entscheidung, und es entschied klar und hart. Im Sinne seines Kampfes für Unabhängigkeit· und Tradition schufen di.e Verfasser des „Manifiesto de los Persas" ein Reformprogramm, das genau so kühn und umfassend wai- wie das der Nationalve,r– sammlung von Cadiz. Ihr Erbgut übernahm die karlistische Partei, die für den Kronprätendenten. Don Carlos eintrat - weniger um der Person als um ihres Symbolwertes willen; hätte diese Gestalt nicht existiert, sagt E. Aun6s Perez, dann hätte man sie erschaffen müssen. 36
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