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50 KAPITEL III UNSER GEBETSLEBEN Nr. 45 1. Das Beten zu Gott ist gleichsam das Atemholen der Liebe. Es kommt aus der Anregung des Heiligen Geistes, durch die der innere Mensch auf die Stimme Gottes achtet, die zu seinem Herzen spricht. 2. Gott, der uns zuerst geliebt hat, spricht auf vielfältige Weise zu uns: in allen Geschöpfen, in den Zeichen der Zeit, im Leben der Menschen, in unseren Herzen und besonders durch sein Wort in der Heilsgeschichte. 3. Indem wir im Gebet Gott, der uns anspricht, antworten, gelangen wir zu einem erfüllten Gebet in dem Maße, wie wir uns von der Eigenliebe lösen und in der Gemeinschaft mit Gott und den Menschen eins werden mit dem Gottmenschen Jesus Christus. 4. Denn Christus selbst ist unser Leben, unser Gebet und unser Wirken. 5. Dann also reden wir wahrhaft mit dem Vater als seine Söhne, wenn wir in Christus leben und in seinem Geist beten, der in unseren Herzen ruft: »Abba, Vater!« (Röm 8,15). 6. Da wir durch die Profess auf die evangelischen Räte inniger zur Hingabe an Gott geweiht sind, wollen wir uns bemühen, in der Freiheit des Geistes treu und beharrlich ein Leben des Gebetes zu führen. 7. Pflegen wir also mit allem Eifer den Geist des heiligen Gebetes und der Hingabe, dem alle übrigen zeitlichen Dinge dienen müssen. Dann werden wir wahre Jünger des heiligen Franziskus, der nicht sosehr ein Beter als vielmehr selbst ganz Gebet geworden schien. 8. Wenn wir vor allem auf den Geist des Herrn und sein heiliges Wirken bedacht sind und mit reinem Herzen zu Gott beten, geben wir den Menschen ein Zeugnis echten Betens. So sollte jeder an unserem Gesicht und am Leben unserer Gemeinschaften die Güte und Menschenfreundlichkeit des in der Welt gegenwärtigen Gottes sehen und spüren können. Nr. 46 1. Unser Gebet soll in besonderer Weise unsere Berufung als Mindere Brüder deutlich machen. 2. Als Brüder beten wir dann wahrhaftig, wenn wir uns in gegenseitiger Liebe im Namen Christi versammeln, so dass der Herr wirklich in unserer Mitte ist. 3. Als Mindere beten wir dann wahrhaftig, wenn wir mit dem armen und niedrigen Christus leben, wenn unser Gebet den Schrei der Armen zum Vater trägt und wir an ihrem Geschick tatsächlich teilnehmen.

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